Stand Up Paddling um Potsdam
Wie wir spontan nicht am Tausend-Seen-Marathon teilnahmen und uns trotzdem völlig verausgabt haben.
Am 24. September fand an der Müritz der 1000-Seen-Marathon statt, einer der wenigen Events in Deutschland, bei dem SUPer nicht nur neben Kanuten und Kajak-Fahrern starten, sondern auch mehr als die übliche Langdistanz (ca. 15 – 20km) absolvieren. Nachdem sich Martin und ich (Pascal) kurzfristig für die Teilnahme entschieden hatten, stellten wir am Renntag selbst fest, dass eine rechtzeitige Ankunft nur unter erheblichem Zeitdruck klappen würde, da wir noch fast keine Ausrüstung in den Bus gepackt hatten. Außerdem war die Aussicht auf eine zweistündige Autofahrt mit Abfahrt um 5:30 vor der außergewöhnlichen Belastung nicht sonderlich verlockend, wenn man in Potsdam doch auch ohne Anfahrt stundenlang in alle Himmelsrichtungen Stand Up Paddling machen kann. Nach kurzer Überlegung stand fest: Wir legen uns nochmal zwei Stunden auf’s Ohr, sparen uns die Autofahrt und umrunden einfach Potsdam auf unseren SUP Racern, das müssten passenderweise zwischen 40 und 45 km sein.
Gesagt, getan!
Stand Up Paddling auf Distanz ohne vernünftige Verpflegung wäre ein Unding. Drum stellten wir uns noch kurz in die Küche und bereiteten uns ein herliches Menü aus Porridge, belegten Brötchen und füllten unsere Trinkrucksäcke mit einem Gemisch aus Wasser und Maltodextrin. Gefrühstück wurde nebenher natürlich auch noch einmal ausgiebig.
Um kurz vor 10 starteten wir also auf 14er-Racebrettern von unserer Station in Potsdam in Richtung Templiner See, entschieden uns gegen den Petzinsee und für das Caputher Gemünd und erreichten danach den Schwielowsee. Bei optimalem Wetter und in einem zügigen Tempo ging es weiter zur Insel Werder, auf deren westlicher Seite wir entlang fuhren und zufällig auf eine Kanu-Regatta stießen. Dort legten wir eine längere Pause ein und genossen neben einem Teil unserer Verpflegung das rege Treiben auf dem Wasser. Frisch gestärkt ging es weiter nördlich um Töplitz herum, wobei wir (wie vorher den Petzinsee) nicht durch die Wublitz fuhren, wobei man die beiden Optionen nutzen könnte, um einige Kilometer weniger fahren zu müssen. Am nördlichsten Punkt unserer Tour begann dann der Sacrow-Paretzer-Kanal, dem wir die nächste halbe Ewigkeit bis zur Mündung in den Jungfernsee folgen mussten. Mittlerweile machte sich die Belastung körperlich und mental bemerkbar, die Gespräche beschränkten sich auf das Nötigste, aber die Stimmung blieb gut und das Tempo (vergleichsweise) hoch. Nach einer fünfminütigen Pause am Jungfernsee ging es weiter in Richtung Glienicker Brücke, die, obwohl man sie schon sehen konnte, gefühlt nicht wirklich näher kommen wollte. Bei mir machte sich die Erschöpfung langsam zunehmend bemerkbar, das Board wurde subjektiv immer schmaler und kippliger und die Wellen höher und ich konnte immer weniger mit Martin mithalten, der aber guter Dinge war und mir motivierend zuredete. Zwischen dem Eingang zum Wannsee und dem Beginn der alten Fahrt in Potsdam nahmt der Bootsverkehr am (vielleicht) letzten warmen und sonnigen Wochenende in diesem Jahr stark zu, was aber eine willkommene Abwechslung war: Man versuchte aus jeder noch so kleinen Welle den maximalen Vortrieb herauszuholen, um sich die Kräfte beim Paddeln sparen zu können 😀
Der Tiefe See ließ zudem als vertrauter Anblick die Gewissheit aufkommen, dass das Leiden bald vorbei sein würde, also mobilisierte ich nochmal sämtliche Reserven und trat mit Martin den Endspurt an, wobei natürlich kein Vergleich mehr zu einem typischen Sprint gemacht werden konnte.
Am Start- und Endpunkt, unserer SUP TRIP Station in der Kastanienallee, angekommen, wurde erstmal mit einem kühlen Radler auf die erfolgreiche Runde angestoßen und Flüssigkeits- und Energiereserven aufgefüllt! Kurze Zeit später ergab die Auswertung der GPS-Daten, dass wir in 6 Stunden und 18 Minuten (Pausen bereits rausgerechnet) 45,4 Kilometer zurückgelegt haben, also mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 7,2 km/h unterwegs waren. Nicht schlecht für das erste Mal!
Was haben wir durch diese To(rt)ur gelernt?
- Alles vorher packen und zurechtlegen. Mag spießig und offensichtlich klingen, aber es ist ganz schön nervig vor dem Start noch die Sonnencreme suchen zu müssen, den Trinkrucksack auszuspülen und neu zu füllen und sich mit Leashes beschäftigen zu müssen. Also lieber schon am Vorabend alles erledigt haben und direkt losstarten.
- Auf so einer außergewöhnlich langen Strecke lässt sich prima an der Paddeltechnik feilen. Neben dem Wechsel der jeweils aktiven Muskeln bleibt einem keine andere Wahl, als den Energieeinsatz zu optimieren!
- Die Gegend um Potsdam ist echt schön und abwechslungsreich, jeder Teilabschnitt der Strecke hatte seine eigenen Charakteristika
- Auch wenn es am Anfang verrückt wirkt: 45 Kilometer sind machbar. Ein Hardboard ist aufgrund der Gleiteigenschaften schon fast Pflicht, aber auch weniger geübte Fahrer können so eine Distanz bewältigen.
- Bleib spontan und wage Abenteuer: Würden wir rechtzeitig ankommen? Wahrscheinlich. Kennen wir jeden einzelnen Abzweig auf der Strecke? Nur so grob von der Karte. Sind wir optimal vorbereitet? Nicht unbedingt. Fragen über Fragen, und die Antwort lautet meist: Einfach mal machen und probieren und sich überraschen lassen!
- Viel Wasser zum Trinken einpacken. Und dann lieber noch ein wenig mehr. Es gibt weniger unschöne Momente, als wenn an einem warmen Tag bei Kilometer 35 keine Flüssigkeit mehr nachgeschüttet werden kann. Weiteres Problem: Herkömmliche Trinkrucksäcke stören aufgrund ihrer Brust- und Hüftgurte beim Paddeln. Wir haben uns daraufhin gleich zwei Molokai-Trinkrucksäcke bestellt, die auf den Einsatz für Wassersportler zugeschnitten sind.
- Auch wenn man es sich währenddessen möglicherweise nicht eingestehen mag: Es macht echt Spaß, so an seine Grenzen zu gehen und den ganzen Tag auf dem Brett zu stehen und paddeln zu müssen. Es wird sicher nicht die letzte Aktion dieser Größenordnung gewesen sein, und dank GPS-Auswertung hat man gleich eine Statistik, die es beim nächsten Mal zu schlagen gilt!
- Für 2017 werden wir zweitätige Potsdam-Umrundungen anbieten, wobei eine humanere Geschwindigkeit vorgegeben wird und wir auf halber Strecke mit Schlafsäcken am Lagerfeuer mitten in der Natur nächtigen. Wir nehmen Euch gerne, Details folgen in den nächsten Monaten…gerne könnt Ihr uns bei Interesse aber auch schon jetzt schreiben und wir halten Euch auf dem Laufenden!